Pressemitteilung - März 2021

Armutszeugnis für die niedersächsische Wolfspolitik

NABU Heidekreis kritisiert Abschuss unauffälliger Welpen und mangelhaften Herdenschutz

Herdenschutz ist das A & O für eine Koexistenz von Wolf und Nutzierhaltung (Foto: Klemens Karkow/NABU)
Herdenschutz ist das A & O für eine Koexistenz von Wolf und Nutzierhaltung (Foto: Klemens Karkow/NABU)

Man muss schon regelmäßig auf den Internetseiten des niedersächsischen Wolfsmonitorings und des Ministeriums für Umwelt, Bauen, Energie und Klimaschutz unterwegs sein, um auf die Informationen zu stoßen, die der Umweltminister wohlweislich nicht an die große Glocke gehängt hat: Bei der am 11.2. in der Nähe von Löningen erschossenen Fähe handelt es sich um einen rund 10 Monate alten Welpen aus dem Herzlaker Rudel, der den genetischen Code GW 1962f trägt und nicht ein einziges Mal an einem Nutztierriss nachgewiesen wurde. Da die für den Elternrüden GW 1111m erteilte Abschussgenehmigung unter Verschluss gehalten wurde, konnten die anerkannten Naturschutzverbände im Vorfeld nicht prüfen, ob die Voraussetzungen für eine artenschutzrechtliche Ausnahme überhaupt erfüllt waren. Ein Blick in die offizielle Risstabelle des NLWKN lässt jedoch berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausnahmegenehmigung aufkommen, da dem Rüden im gesamten Jahr 2020 nur ein einziger Übergriff auf eine ordnungsgemäß geschützte Schafherde am 1. April nachgewiesen werden konnte, während in allen anderen Fällen kein oder nur ein eingeschränkter Herdenschutz vorhanden war. 

Im Nachhinein mache der traurige Fall zweierlei deutlich. Zum einen sei es höchste Zeit, dass die lobbygesteuerte niedersächsische Wolfspolitik die rechtlichen Abwege verlässt und den Herdenschutz in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellt. Solange sich Nutztierhalter/innen auch 20 Jahre nach der Rückkehr des Wolfes beharrlich weigerten, ihre Herden trotz staatlicher Fördermittel und verschiedener ehrenamtlicher Hilfsangebote zu schützen, werde es immer wieder zu Übergriffen kommen. Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigten indes, dass sich Verluste am besten minimieren ließen, wenn man bereits in potentiellen Wolfsgebieten mit dem Herdenschutz beginnt. Information, Aufklärung und Prävention seien folglich das A & O einer erfolgreichen Wolfspolitik. 

 

Zum anderen stehe der „willkürliche Abschuss streng geschützter Tiere auf der Grundlage der Einzelnorm § 45a BNatSchG in eklatantem Widerspruch zu den Anforderungen, die das EU-Recht an artenschutzrechtliche Ausnahmen stellt“, so der 1. Vorsitzende des NABU Heidekreis, Klaus Todtenhausen. „Da die abgeschossene juvenile Fähe weder Schäden verursacht hatte noch als Schadensverursacher in Betracht kam,  war ihre Tötung weder verhältnismäßig noch geeignet, weitere Schäden zu verhindern – sie war sinnlos und ohne vernünftigen Grund.“ 

 

Außerdem müsse man dringend klären, wieso die beauftragten Jäger trotz des Einsatzes von Visiervorrichtungen für das Schießen bei Nacht mit elektronischen Bildverstärkern oder Bildumwandlern nicht in der Lage seien, Jungtiere von ausgewachsenen Rüden zu unterscheiden, schließlich sei – wie jüngst bekannt wurde – auch im Revier des Ebstorfer Rudels statt des zum Abschuss freigegebenen Elternrüden eine junge Fähe abgeschossen worden. „Die Behauptung des NLWKN, durch den Einsatz von Nachtzielgeräten könnten weitere ernste bzw. erhebliche Schäden durch einen gesteigerten „Entnahmeerfolg“ verhindert werden, wurde nun gleich zweimal ad absurdum geführt“, fasst Pressesprecherin Dr. Antje Oldenburg das Vorgehen der Umweltministeriums zusammen und  fordert, das sinnlose Töten umgehend zu beenden und sämtliche Abschussgenehmigungen offen zu legen.