Pressemitteilung - Januar 2023

NABU-Projekt „Herdenschutz Niedersachsen“ unterstützt bei wirkungsvollem Schutz vor Wolfsübergriffen

Kombinierter Herdenschutz mit Kangals und mobilen Elektronetzen in der Schafhaltung  (Foto: NABU Heidekreis)
Kombinierter Herdenschutz mit Kangals und mobilen Elektronetzen in der Schafhaltung (Foto: NABU Heidekreis)

Heidekreis. Seit im Frühjahr 2012 die ersten Wolfswelpen auf dem Truppenübungsplatz Munster Nord geboren wurden, stehen die niedersächsischen Weidetierhalter/innen vor neuen Herausforderungen. Während sich im wolfsfreien Deutschland allenfalls Halterinnen und Halter von Hühnern, Puten, Gänsen und Kaninchen darüber Gedanken machten, wie sie ihrer in § 3 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TSchNutzV) verankerten gesetzlichen Verpflichtung zum Schutz ihrer Tiere vor Beutegreifern nachkommen, weideten Schafe, Ziegen, Rinder und Pferde auf eingezäunten Koppeln, die bestenfalls geeignet waren, die Herde zusammen zu halten. Schutz vor Eindringlingen boten sie nicht. 

 

Um Weidetierhaltern in dieser schwierigen Situation mit Rat und Tat zur Seite zu ste­hen, hat sich das NABU-Projekt „Herdenschutz Niedersachsen“ den Schutz von Wei­detieren vor dem Wolf zur Aufgabe gemacht. Als Ergänzung zu den finanziellen För­derungsmöglichkeiten durch das Land Niedersachsen werden Weidetierhalter/innen seit sieben Jahren mit einem professionellen Beratungs- und Informationsangebot, wertvoller Netz­werkarbeit, Wissenstransfer und helfenden Händen geschulter Freiwilliger beim Bau wolfsabweisender Zäune unterstützt. Allein im aktuellen Förderzeitraum seit März 2022 wurden durch das mittlerweile über die Landesgrenzen hinaus wirkende Projekt 75 Weidetierhaltungen beraten und fast 50 Weiden mit insgesamt 190 Hektar Fläche durch 43 Kilometer wolfsabweisende Zäune nachweislich wirkungsvoll vor Wolfsübergriffen geschützt. 

 

Schwerpunkt der praktischen Arbeit ist die Installation der vom Projekt empfohlenen Elektrofestzäune mit gespanntem Stahldraht als elektrischem Leiter, die sich nicht nur als effektive Wolfsabwehr bewährt haben, sondern darüber hinaus auch die Hüte- und Verkehrssicherheit erhöhen. „Unsere langjährigen Erfahrungen und eine Feldstudie zeigen, dass Wölfe und Wildschweine diese Art von fachgerechter und gut gepflegter Zäunung nicht queren, Kleintiere sowie Dam-, Reh-, und Rotwild damit jedoch keine Probleme haben“, nimmt Projektleiter Peter Schütte Befürchtungen einer Zerschneidung und Undurchlässigkeit der Landschaft den Wind aus den Segeln. 

 

Wie wichtig konsequenter Herdenschutz ist, zeigt ein Blick in die Statistik der Nutztierrisse des niedersächsischen Umweltministeriums. Demnach spielt sich das Rissgeschehen nach über zehnjähriger Wolfspräsenz noch immer zu über 80 Prozent auf gar nicht oder unzureichend geschützten Weiden ab. „Auch in unserem Landkreis waren die Schutzmaßnahmen bei den letzten Übergriffen auf Schafherden im November und Januar völlig unzulänglich“, konstatiert die Pressesprecherin des NABU Heidekreis, Dr. Antje Oldenburg und führt weiter aus: „Wie Vergleiche zwischen verschiedenen europäischen Ländern zeigen, ist nicht die Größe der Wolfsbestände oder die Anzahl der Nutztiere für das Ausmaß der Schäden an Nutztieren entscheidend, sondern wie gut oder schlecht sie vor Wolfsübergriffen geschützt sind. Für den Herdenschutz spielt es keine Rolle, ob in einem Wolfsrevier ein Einzeltier oder ein Rudel mit Jährlingen und Welpen lebt. Und selbst dort, wo sich keine Wölfe ansiedeln, können jederzeit ungeschützte Nutztiere von durchwandernden Jungwölfen gerissen werden.“ Die korrekte und konsequente Umsetzung geeigneter Herdenschutzmaßnah­men ist daher nicht allein eine den Wolf als Art schützende Anforderung der FFH-Richtlinie, sondern der Garant für ein langfristiges Miteinander von Menschen, Wei­detieren und Wölfen. „Die immer wieder geforderte Bejagung von Wölfen ist nicht nur rechtswidrig, sondern vollkommen sinnlos, da sie weder ordnungsgemäßen, flächendeckenden Herdenschutz ersetzt noch zu einer langfristigen Lösung von Konflikten führt“, resümiert der erste Vorsitzende Klaus Todtenhausen. „Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich Übergriffe durch Abschussquoten reduzieren lassen. Im Gegenteil: Durch die Zerstörung von Rudelstrukturen kann es sogar zu einer Erhöhung der Nutztierrisse kommen.“

 

Weitere Informationen zum NABU Herdenschutz-Projekt unter www.herdenschutz-niedersachsen.de.