Pressemitteilung - Juli 2022

Wolfsjagd weder möglich noch nötig

NABU Heidekreis sieht sich durch Einschätzung des Bundesum-weltministeriums bestätigt

Herdenschutz ist das A & O für eine Koexistenz von Wolf und Nutzierhaltung (Foto: Klemens Karkow/NABU)
Herdenschutz ist das A & O für eine Koexistenz von Wolf und Nutzierhaltung (Foto: Klemens Karkow/NABU)

Die vor einer Woche vorgestellte Wolfspopulationsstudie, die der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz beim Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Universität für Bodenkultur Wien in Auftrag gegeben hatte, und die damit verbundene Forderung von Umweltminister Lies nach einem „regionalen Bestandsmanagement“ sind beim Bundesumweltministerium auf Ablehnung gestoßen. „Das BMUV hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass das europäische Naturschutzrecht pauschale Abschussquoten ausschließt. Wir sehen uns daher in unserer seit Jahren vertretenen Rechtsauffassung bestätigt, dass Wölfe als eine nach der FFH-Richtlinie streng geschützte und in Anhang IV gelistete Tierart von gemeinschaftlichem Interesse nur im Einzelfall unter den in Art. 16 Abs 1 aufgeführten Voraussetzungen und Bedingungen getötet werden dürfen“, so Dr. Antje Oldenburg, Pressesprecherin des Naturschutzbundes Heidekreis (NABU). „Dieser Schutzstatus endet auch nicht automatisch, wenn der günstige Erhaltungszustand in den verschiedenen biogeografischen Regionen irgendwann erreicht ist, sondern kann nur durch einen einstimmigen Beschluss der EU-Mitgliedsstaaten aufgehoben werden.“ 

 

Die vorgelegte Populationsstudie laufe jedoch letztlich nicht nur ins Leere, sondern weise außerdem methodische Mängel auf. So werde beispielsweise bei allen Modellberechnungen von einem exponentiellen Wachstum ausgegangen, obwohl die Wolfspopulation in den letzten Jahren sowohl in Niedersachsen als auch in anderen Bundesländern wie Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg nur noch langsam zunimmt oder sogar stagniert. Da die Entwicklung von verschiedenen, zum Teil nur schwer erfass- und vorhersagbaren Faktoren wie Reproduktionsrate, Mortalität in den verschiedenen Lebensstadien aufgrund von Krankheit, Verkehr, illegalen Abschüssen und innerartlichen Auseinandersetzungen, Zuwanderung von Wölfen außerhalb Deutschlands oder Verschlechterung des Habitatzustandes abhängt, reichen die 23 bis 2030 errechneten Szenarien von einem Aussterben des Wolfes bis zu einem Anstieg der Population von derzeit rund 300 auf 1000 Individuen. 

 

Da man die Ergebnisse im Grunde genommen mit der Floskel „Nichts Genaues weiß man nicht“ zusammenfassen könne und die Studie keinerlei Konsequenzen für die rechtliche Situation und den politischen Handlungsspielraum hätte, müsse man sich fragen, warum sie von Minister Lies überhaupt in Auftrag gegeben worden sei. „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Jägerschaft nach der Aufnahme des Wolfes in das niedersächsischen Jagdgesetz eine Perspektive auf baldige Wolfsjagden eröffnet und gleichzeitig suggeriert werden soll, dass sich der Konflikt zwischen Nutztierhaltung und Wolf mit Bestandsregulierungen lösen lässt,“ kommentiert 1. Vorsitzender Klaus Todtenhausen. Das Gegenteil sei der Fall, wie das Nachbarland Frankreich zeige, wo die Zahl der Nutztierrisse trotz einer europarechtlich nicht zulässigen Abschussquote von ca. 19 Prozent kontinuierlich ansteigt. Wie die offizielle Nutztierrissstatistik Niedersachsens belege, treten Schadensfälle vor allem dort auf, wo keine ausreichenden Herdenschutzmaßnahmen durchgeführt wurden. Eine konsequente Umsetzung fachgerechter Herdenschutzmaßnahmen in Verbindung mit einer finanziellen Unterstützung bei Bau und Pflege von Zäunen sowie bei den Haltungskosten für Herdenschutzhunde ist daher nach wie vor Voraussetzung für eine rechtskonforme und erfolgreiche Wolfspolitik.

 

Weitere Informationen: Dr. Antje Oldenburg, Tel. 05164-801113