Pressemitteilung - Juli 2021

Bremsenfallen beschleunigen Insektensterben

Bremsenfalle auf einer Pferdekoppel (Foto: Klaus Todtenhausen/NABU)
Bremsenfalle auf einer Pferdekoppel (Foto: Klaus Todtenhausen/NABU)

Innerhalb weniger Jahre haben sich so genannte Bremsenfallen zu einem wahren Verkaufs­schlager entwickelt, der sich insbesondere in der Pferdehaltung großer Beliebtheit erfreut und auch im Heidekreis auf immer mehr Wiesen und Koppeln zum Einsatz kommt. Laut Hersteller sollen die aus einem schwarzen Ball, einem trichterförmigen Netz als Leitvor­richtung und einem Fangbehälter bestehenden Fallen einen effektiven Schutz vor den schmerzhaften Bissen der Pferdebremse bieten, indem sie deren Population auf einer Fläche von 10.000 qm um bis zu 95% reduzieren. Diese Behauptung wurde durch eine im letzten Jahr veröffentlichte Freilandstudie widerlegt, in deren Rahmen der Inhalt von sechs Brem­senfallen an unterschiedlichen Standorten in Nordrhein-Westfalen von Mai bis Oktober wö­chentlich analysiert wurde, um ihre Effektivität und Selektivität zu untersuchen. Die Ergeb­nisse zeigen, dass es sich bei den 53.438 gefangenen Individuen nur in 2.022 Fällen um Bremsen, aber in keinem einzigen Fall um eine Pferdebremse handelte. Der Anteil an Bei­fang variierte je nach Standort zwischen 71% und 98,5% und umfasste vor allem verschie­dene Fliegen- und Mückenarten, aber auch Wildbienen und Schmetterlinge. Angesichts die­ser Untersuchungsergebnisse ist das Niedersächsische Umweltministerium in einem Erlass vom 14.5.2021 dem Vorbild Nordrhein-Westfalens gefolgt und hat das Aufstellen von Bremsenfallen innerhalb von Naturschutzgebieten, Nationalparks, den Kern- und Pflegezo­nen von Biosphärenreservaten, FFH-Gebieten und gesetzlich geschützten Biotopen verboten und außerhalb dieser Schutzgebiete auf den Zeitraum vom 1. Juni bis 15. September be­schränkt. 

 

„Wir begrüßen grundsätzlich jede Maßnahme, die geeignet ist, den massiven Rückgang der Insektenanzahl und -vielfalt zu stoppen und hoffen, dass der Bundesgesetzgeber schnellstmöglich ein generelles Verbot auf den Weg bringt“, sagt der 1. Vorsitzende des NABU Heidekreis, Klaus Todtenhausen. Da Bremsenfallen wahllos große Mengen von In­sekten töten, verstoßen sie gegen § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes, der den direkten Zu­griff auf wildlebende Tiere der besonders geschützte Arten durch Verletzung oder Tötung, einschließlich des Fangs oder Nachstellens mittels Fallen untersagt. „Unserer Meinung nach gehören Insektenfallen jedweder Machart auf den Prüfstand, weil sie das Insektensterben beschleunigen und dadurch nicht nur zur Bestäubungskrise beitragen, sondern auch zahlrei­che insektenfressende Vogel-, Amphibien- und Fledermausarten gefährden“, ergänzt Presse­sprecherin Dr. Antje Oldenburg. Wer Bremsen- und andere Insektenfallen immer noch mit Sprüchen wie „Schluss mit lustig“ bewerbe und ihren Einsatz auf Koppeln, Reitbahnen und Golfplätzen, in Ställen und Gartenanlagen und selbst an Seeufern empfehle, müsse sich die Frage gefallen lassen, ob der den Ernst der Lage wirklich begriffen habe. Der NABU Heide­kreis appelliert daher an alle Bürgerinnen und Bürger, auf den Kauf von Insektenfallen und –vernichtungsmitteln zu verzichten und die „lästigen Tierchen“ als das zu betrachten, was sie sind: Ein notwendiger und (über)lebenswichtiger Bestandteil funktionierender Ökosysteme.

 

Dr. Antje Oldenburg

Pressesprecherin Naturschutzbund Heidekreis e.V. (NABU)