Wer an den ersten lauen Frühlingsabenden still im Garten sitzt und den Geräuschen der Nacht lauscht, kann sie keckern und fauchen oder schmatzend und schnaufend im Gebüsch rascheln hören: Die Igel haben nach rund fünfmonatigem Winterschlaf ihre geschützten Winterquartiere verlassen und durchstreifen auf der Suche nach Laufkäfern, Ohrwürmern, Nacktschnecken, Regenwürmern und Raupen ihr Revier. Durch den zunehmenden Verlust ihrer ursprünglichen Habitate in einer reich gegliederten, vielfältigen Feldflur mit Hecken, Gehölzen, Wegsäumen, Staudendickichten und artenreichen Magerwiesen sind die stacheligen Säugetiere zu einem typischen Kulturfolger geworden, der heute vorzugsweise naturnahe Gärten, Parkanlagen, Friedhöfe und Streuobstwiesen in menschlichen Siedlungen bewohnt. Hier macht ihnen vor allem die Zerschneidung ihres Lebensraumes durch ein dichtes Straßennetz zu schaffen: Alljährlich werden etwa eine halbe Million Igel von Autos überrollt. Darüber hinaus tragen Insektenschwund, innerörtliche Verdichtung und Überbauung sowie der ungebrochene Trend zu sterilen, hermetisch abgeriegelten Schottergärten mit immergrünen Exoten ohne Wert für die heimische Tierwelt dazu bei, dass die Igelbestände seit Jahren stark rückläufig sind.
Mit dem stetig steigenden Gebrauch von motorisierten Gartengeräten wie Freischneidern, Fadenmähern, Motorsensen und Mährobotern sind die beliebten Insektenfresser einer weiteren Gefahrenquelle ausgesetzt, die Igelstationen, Wildtierhilfen und Tierheimen in ganz Deutschland immer mehr Pfleglinge beschert. Dabei wird den Stachelrittern eine jahrtausendealte Verteidigungsstrategie zum Verhängnis: Bei Gefahr rollen sich die Tiere zu einer regungslosen Stachelkugel ein, so dass Gesicht, Bauch und Gliedmaßen verborgen und durch die nadelspitzen, starr aufgerichteten Stacheln geschützt sind. So können sie zwar Fressfeinde wie Marder, Iltis, Fuchs und Dachs erfolgreich abwehren, haben jedoch gegen motorisierte Gartengeräte keine Chance. Hinzu kommt, dass Freischneider von Gartenbesitzern, Hausmeistern und Bauhofbetreibern gerade dort eingesetzt werden, wo Igel ihre Schlaf- und Nestplätze einrichten, nämlich unter Büschen, an Heckenrändern und in verwilderten, überwucherten Ecken. Wurden früher im Frühjahr und Sommer nur wenige hilfsbedürftige Igel eingeliefert, die beim Kompostumsetzen mit Mistforken verletzt oder von einem Hund gebissen wurden, verzeichnen die Tierhilfen immer mehr Igel mit typischen Verletzungsmustern im Rückenbereich.
Auch Mähroboter gehören zu den neuen Feinden der Igel. Die als fleißige Helfer angepriesenen Geräte kommen vor allem in Privatgärten zum Einsatz, wo sie stundenlang ihre Runden drehen und dabei Blühpflanzen, Insekten, Spinnen, Schnecken, Amphibien, Reptilien und kleinen Säugetieren den Garaus machen. Obwohl die Hersteller in den Bedienungsanleitungen darauf hinweisen, dass Mähroboter möglichst tagsüber und unter Aufsicht arbeiten sollen, sind die autonomen Geräte oft nachts unterwegs. Dann tragen sie nicht nur zur Verringerung der Artenvielfalt bei, sondern gefährden auch nachtaktive Tiere, die auf Nahrungssuche über den Rasen stromern. Um auf das hohe Gefährdungspotential nächtlicher Mährobotereinsätze aufmerksam zu machen und zu einem achtsamen Umgang mit motorisierten Gartengeräten aufzurufen, haben die Tierfreunde Rhein-Erft gemeinsam mit der Igelstation Pulheim und der Igelhilfe Rostock eine bundesweite Plakataktion gestartet, an der sich der NABU Heidekreis beteiligt. „In den kommenden Wochen werden unsere aktiven Mitglieder in verschiedenen Städten und Gemeinden unterwegs sein und Geschäftsinhaber/innen bitten, ein Plakat gut sichtbar im Schaufenster oder an einer Info-Tafel aufzuhängen“, informiert Pressesprecherin Dr. Antje Oldenburg und hofft, dass viele Gärtnereien, Apotheken, Arztpraxen, Blumenläden, Sparkassen und andere Geschäfte bereit sind, sich für die gute Sache einzubringen.
Dr. Antje Oldenburg
Pressesprecherin NABU Heidekreis e.V.